Die Wurzel des Protests: Kürzungen und steigende Kosten in Landwirtschaft und Logistik
Die Auslöser der aktuellen Proteste sind vor allem eine Reaktion auf die Kürzungen bei sogenannten „Dieselsubventionen“, bei denen es sich eigentlich um Steuerrückzahlungen handelt. Landwirte sind vornehmlich auf Ackerflächen und Privatwegen unterwegs, weshalb sie den Anteil zum Erhalt der Verkehrsinfrastruktur zurückerstattet bekommen können. Grundsätzlich stehen beide Parteien, also Landwirte sowie Logistiker vor dem Problem hoher Dieselpreise. Landwirte können einen Teil der Steuern per Antrag zurückerstattet bekommen. Fuhrunternehmen jedoch erhalten keine Rückzahlungen und sind zusätzlich mit einer verdoppelten Autobahnmaut sowie der neuen CO²-Emissions-Bepreisung belastet. Diese Mehrkosten führen unweigerlich zu höheren Transportpreisen, und somit auch zu steigenden Preisen bei Dienstleistungen und Produkten. Das wiederrum treibt die Inflation weiter an. Zudem besteht die Befürchtung, dass der Handel diese Situation nutzt, um die Preise im Supermarkt überproportional zu erhöhen, was zu einer weiteren Belastung für die Endverbraucher führt.
Belastung der Landwirtschaft durch bürokratische Hürden
Die Proteste der Landwirte drehen sich nicht nur um den Kostendruck, sondern auch um die Flut bürokratischer Pflichten, die offenbar darauf abzielen, jeden Bauern in einen Teilzeit-Bürokraten zu verwandeln. Von der akribischen Dokumentation des Herbizid Einsatzes bis zur detaillierten Nachweispflicht bei der Düngung und Tierhaltung – Landwirte stoßen immer mehr auf die Regularien die zu großem Bürokratieaufwand führen. Hinzu kommen Vorschriften über den Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln sowie Anweisungen, wie landwirtschaftlich genutzte Flächen auszusehen haben, inklusive der Verpflichtung, 4% der Flächen für Umweltschutzmaßnahmen stillzulegen . All dies, während sie doch nur ihren eigentlichen Job erledigen wollen: Nahrungsmittel lokal produzieren. Diese Anforderungen, kombiniert mit dem Druck, trotz reduzierter Anbauflächen den gleichen Ertrag zu erzielen und den Preisvorgaben der Discounter gerecht zu werden, erzeugen eine nahezu kafkaeske Situation. Denn besonders im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern, die weniger regulatorischen Hürden und niedrigere Arbeitskosten haben, stehen die deutschen Landwirte dank der Politik immer schlechter da.
Die bürokratische Belastung in der Logistikbranche
Auch der deutsche Logistiker ist vom bürokratischen Aufwand betroffen, der in den letzten Jahren immer weiter zugenommen hat. Nicht zuletzt durch die Regelungen des Mobilitätspakets II, welches der deutschen Transportbranche eigentlich auch bessere Wettbewerbsbedingungen verschaffen sollte. Wie gut diese Regularien durch die Behörden in Deutschland überwacht werden (können) ist ein anderes Kapitel. Neben den Aufbewahrungspflichten für Transportdokumente sorgt die in Deutschland recht streng ausgelegte DSGVO zusätzlich für administrativen Aufwand ohne Wertschöpfung. Denn ein Dokument, das personenbezogene Daten enthält, darf demnach nicht einfach für 10 Jahre archiviert werden, wie es jedoch nach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Buchführung verlangt. An dieser Stelle darf ein Unternehmer vielleicht auch seine Kreativität ausleben, denn bei der Einhaltung solch widersprüchlicher Vorschriften kann man schon manchmal verzweifeln.
Seit 2023 müssen Speditionen zusätzlich penibel die Arbeitszeiten erfassen und die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer müssen bereits seit Längerem dokumentiert werden. Zusätzlich müssen Daten der Fahrerkarten, die nur 28 Tage gespeichert werden, regelmäßig ausgelesen und archiviert werden. Als Sahnehäubchen gibt es noch eine Vielzahl weiterer Dokumentations- und Aufbewahrungsfristen zu berücksichtigen, von Transportversicherungsunterlagen bis hin zu allgemeinen Mitarbeiterunterlagen. Es wirkt beinahe so, als ob im Transportgewerbe neben dem Warentransport noch eine ganz andere Disziplin gemeistert werden muss: ein Bürokratie-Hindernislauf auf olympischem Niveau.
Deutsche Fuhrunternehmen In der Zwickmühle zwischen Ökologie und Ökonomie
Im Einklang mit dem politischen Bestreben, Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu gestalten, ist es das erklärte Ziel, den CO2-Ausstoß im Güterverkehr bereits bis 2030 signifikant zu reduzieren. In einem preissensiblen Markt wie der Logistik erscheint dieser politische Wunsch fast wie eine Farce. Deutsche Fuhrunternehmer kämpfen um jeden Cent, um mit osteuropäischen Konkurrenten mithalten zu können, während die Politik von ihnen erwartet, ihre Flotten auf kostspielige E-LKW umzustellen. Diese Fahrzeuge kosten das Dreifache eines herkömmlichen LKW, und als wäre das nicht genug, kürzt der Staat auch noch die Fördermittel für klimaneutrale LKW . Die Logistikunternehmen hierzulande stehen vor einem Dilemma: Umweltschutz ohne ausreichende Unterstützung versus Wettbewerbsfähigkeit. Währenddessen übernehmen osteuropäische Unternehmen, die weniger staatlicher Umweltregulierung unterliegen, zunehmend Marktanteile – ein paradoxes Szenario, das sowohl den Umweltschutz als auch die heimische Logistikbranche untergräbt. Es stellt sich die Frage, ob hier tatsächlich noch der Klimaschutz im Vordergrund steht. Dieser Teufelskreis bringt die Logistikbranche in eine prekäre Lage und wirft eine brennende Frage auf: Wie lange ist dieser Balanceakt zwischen ökologischer Verantwortung und ökonomischer Realität noch tragbar?
Fazit
Alle Pflichten und Vorschriften sind mittlerweile so komplex, dass viele Unternehmen Steuerberater und andere Beratungsfirmen einsetzen müssen, um sich in diesem Dschungel zurechtzufinden und gesetzeskonform arbeiten zu können. Bei stetig steigenden Kosten und sinkenden Reallöhnen ist die Gefahr, dass die Unternehmen, sei es in der Landwirtschaft oder in der Logistik, nicht mehr wettbewerbsfähig sind, bald keine Gefahr mehr, sondern eine Gewissheit.
Wir sind davon überzeugt, dass sowohl landwirtschaftliche Tätigkeiten zur Nahrungsmittelproduktion, als auch die logistische Wertschöpfung für #reibungsloselogistik zum größten Teil innerhalb einer Volkswirtschaft erzeugt werden sollte. Das unterstreichen auch die Parallelen zwischen Landwirtschaft und Logistik, weshalb vermutlich der Zusammenhalt an dieser Stelle so groß ist.
Hier bedarf es einer weitsichtigen Politik und eine Unterstützung aller Seiten, um zu einem Konsens zu kommen und wirklich nachhaltige und umweltbewusste Lösungen zu finden. Dazu muss man sich mit allen Beteiligten an den Tisch setzen und Probleme lösungsorientiert betrachten und diskutieren. Denn weder die Landwirte noch die Logistiker wollen sich ihrer Verantwortung der Umwelt gegenüber entziehen und sie sind sehr interessiert daran, wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden zu nutzen, um zu sparen und dabei gleichzeitig die Umwelt zu schützen.