Wohin führt uns der LKW Fahrermangel

Fahrer fehlen an allen Ecken, in allen Ländern

Bis heute ist er im Straßenverkehr zu sehen: Brummi, der Imageträger des Transportgewerbes. Die rundliche Figur mit Mütze und breitem Lächeln genießt den Kultstatus der Branche seit den 1970ern. Heute sind die menschlichen Vertreter ebenso verehrt und Transporteure reißen sich um jeden, der einen Lkw fahren kann, denn es herrscht Fahrermangel in Europa und die Versorgung ist bedroht.

Chaotische Zustände nach EU-Austritt


Zunächst sah es so aus, als sei nur Großbritannien betroffen. Schon zum Jahreswechsel 2020/21 war der Warenverkehr infolge schwieriger Übergangsregelungen zum Austritt des Königreichs aus der EU dramatisch gestört. Mancher befürchtete gar, die Briten müssten die Feiertage ohne Champagner und Bressehuhn verbringen. Heute geht es weniger um Luxusprodukte zum Feiertag, sondern der Fahrermangel bedroht die Grundversorgung. Brexit und Corona haben zu einem Verlust von 19.000 Berufskraftfahrern in Großbritannien geführt, wie der Verband Logistics UK vorrechnet. Ferner fehlen im September 2021 weit mehr als nur Fahrer in der Logistik.

UKs Logistik im Taumel


Es mangelt unter anderem an Fachkräften in der Lagerhaltung, an Transportmanagern und Staplerfahrern. Über 25 % der befragten Unternehmen beklagen Personalnot im Jahr 2021. Eine deutliche Steigerung zum Vorjahr, in dem der Wert bei rund 20 % lag. Visa mit einer Laufzeit von 3 Monaten sind für Arbeitnehmer aus dem Ausland weniger attraktiv als der EU-Arbeitsmarkt. Vor allem Lkw-Fahrer beklagen die Arbeitsbedingungen in Großbritannien mit zu wenig sicheren Parkplätzen für Ruhezeiten. Insgesamt, so räumt auch die britische Regierung ein, fehlen 1.400 Parkplätze für Übernachtungen.

Logistik ohne Berufskraftfahrer


Allein in Deutschland liegt der Bedarf an Berufskraftfahrern laut Deutscher Verkehrszeitung (DVZ) vom Oktober 2021 aktuell zwischen 60.000 und 80.000 Zugängen. Hilfe kam bisher aus dem Ausland. Mehr und mehr Fahrer verlegten ihren Arbeitsort in die Bundesrepublik bei meist besseren Arbeitsbedingungen und Löhnen als im Heimatland. Umgekehrt stand den Transporteuren ein Heer günstiger Arbeitskräfte zur Verfügung. Für viele auf den ersten Blick eine Win-win-Situation. Doch seit Anbeginn dieser Entwicklung leidet die Qualität im Transportwesen. Immer mehr angelernte Kräfte und weniger Facharbeiter erschwerten die Digitalisierung des Warentransports. Immerhin gelangten Waren von A nach B. Dass die Fahrer nun in ihren Heimatländern fehlten, setzte eine Spirale in Gang. Transporteure in Polen, deren Fahrer sich bei deutschen Unternehmen verpflichteten, warben Fahrer aus der Ukraine an. Die Ukraine? Ein endloser Kreislauf tut sich auf, in dessen finsterem Strudel Preistreiberei, Profitgier und erbarmungsloser Wettbewerb ihre Runden ziehen.

Corona befeuert die Notlage


Während der Hochphase der Pandemie transportierten Fuhrunternehmen weiterhin Lebensmittel und andere Waren von den Erzeugern zu den Verbrauchern. Soweit normal. Was nicht stattfand, war die Ausbildung des Nachwuchses. In Deutschland heißen die Gründe des Rückgangs unter anderem, dass 30.000 Fahrer in Ruhestand gehen. Es rücken jedoch nur 17.000 junge Menschen nach. Eine andere Ursache findet sich bei der Aussetzung der Wehrpflicht. Beim Bund wurden pro Jahr circa 10.000 Fahrer ausgebildet, die jetzt fehlen. Nicht zuletzt passten sich viele versierte Fahrer den Bedingungen unter Corona an. Manche zogen sich vorzeitig aufs Altenteil zurück. Andere konnten ihre Fahrprüfungen nicht in dem Ausmaß ablegen wie benötigt. Jetzt wird der Kampf um die Fahrer mörderisch: Mit Spitzengehältern von bis zu 63.000 EUR pro Jahr buhlen Transporteure in Großbritannien um jeden, der ein tonnenschweres Fahrzeug bewegen darf.

Noch mehr Nachfrage aus Polen

Das kann Europa helfen, nicht aber dem United Kingdom. Der EU-Austritt macht das Inselreich uninteressant für Berufskraftfahrer. Komplizierte Einreisebedingungen und eine kurze Arbeitserlaubnis reizen die wenigsten, sich für einen Arbeitgeber in Großbritannien zu interessieren. Alternativen kommen aus Polen. Hier fehlen bis zu 120.000 Arbeitskräfte im Transportwesen bei einer Gesamtbevölkerung unterhalb der Deutschlands. Experten erklären den starken Bedarf mit der auf etwa 33  % gestiegenen Beteiligung polnischer Fuhrunternehmen am EU-Frachtverkehr.

Lösungen für Kunden und Logistik

Die Zeichen im Transportgewerbe stehen bereits auf Zukunft. Zumindest gibt die Gesetzeslage den Transport von Frachten mit autonomen Fahrzeugen her. Es wurden Teststrecken für fahrerlose Transporte eingerichtet, doch die Herstellung steckt noch in der Entwicklungsphase. Scania liegt innerhalb Europas weit vorn, allerdings nicht so weit wie China und die USA, wo bereits 4-Level-Tests im Straßenverkehr laufen. In Schweden, wo das dortige Kraftfahramt jetzt eine mehrere 100 km lange Autobahnstrecke zu Testzwecken freigab, proben die Fahrzeughersteller den Transport Hub2Hub. Mit Ergebnissen rechnen Experten allerdings in frühestens 5 Jahren. – Das ist zu lange, um Warenströme versiegen zu lassen. Hoffnung macht ein Münchener Start-up, das an Lösungen arbeitet, um Lkw digital und aus der Ferne zu steuern. Ideal für IT-affine junge Menschen und es ist zu hoffen, dass Ideen wie diese mehr Nachwuchs in die Branche locken. Stattdessen geschieht etwas ganz anderes.

Internationale Wanderbewegungen bei Arbeitnehmern

Die Idee, Lkw-Fahrer und -Fahrerinnen mit Spitzenlöhnen aus dem Ausland zu werben, ist nicht neu, wenn auch die Gründe heute anders heißen als noch von 15 Jahren. Damals herrschte kein Fahrermangel, doch die in Deutschland angesiedelten Fahrer verdienten mehr als die Kollegen aus dem Ausland. Viele Jahre lang stammte der „Nachwuchs“ aus europäischen Nachbarstaaten. Der Fuhrunternehmer gewinnt und im Ausland fehlen die Arbeitskräfte. Das betrifft inzwischen nicht nur den Transportsektor. Braindrain beschreibt den Verlust akademisch gebildeter Köpfe ins Ausland, was inzwischen für fast alle Fachbereiche zu Problemen führt. Länder mit eher hohen Lohnniveau verstärken den Effekt. In Frankreich fordern die Gewerkschaften darum, die allgemeinen Tarife aufzuwerten und warnen vor Konsequenzen!

Kabotageverkehr stärker kontrollieren

Könnte eine bessere Kontrolle des Kabotageverkehrs Entspannung verschaffen? Zumindest im europäischen Binnenverkehr ist das denkbar. Bei der Kabotage übernehmen EU-ansässige Frachtführer den Transport in einem anderen EU-Land und befördern diesen innerhalb dieses Landes. Unter deutschen Logistikern sind vielfach Stimmen zu hören, die davon ausgehen, dass auf nationalen Autobahnen mehr Kabotageverkehr herrscht als vermutet und sich daher stärkere Kontrollen gewünscht werden. Das kann zunächst keine Entlastung bringen was den Fahrermangel betrifft. Dennoch könnte ein hartes Durchgreifen bei Missachtung der Kabotageregelung dafür sorgen, dass die Frachten im nationalen Verkehr wieder anziehen, bessere Löhne gezahlt werden und somit die Attraktivität des Jobs steigt.

Heute Großbritannien, morgen die EU?


Kein Sprit an den Tankstellen, leere Regale im Supermarkt – die Situation in UK ist zeitweilig dramatisch, doch möglicherweise ein Vorbote dessen, was auf ganz Europa zukommt. Personalmangel betrifft viele Branchen. Die Pflege ist nur ein Beispiel und sogar die Landwirtschaft ist betroffen. Fehlende Kraftfahrer und andere Fachkräfte sorgen dafür, dass britische Schweinezüchter auf ihren Tieren sitzen bleiben. Damit stürzen Viehzüchter als nächstes Glied in der Kette in die Krise: Ohne Transportverkehr kann niemand schlachten. Selbst wenn es die Tiere zum Schlachthof schaffen, fehlt es dort an Mitarbeitern. Die Bauern müssen mehr Futter für Tiere beschaffen und auf den Höfen fehlt der Platz für die nächste Generation Ferkel. Zuletzt zahlen die Bauern Strafgelder, wenn die Tiere das Schlachtgewicht überschreiten. Die Zahl der Nottötungen steigt. So dramatisch dies auch für Großbritannien scheinen mag, die Situation ist in ganz Europa nicht weit davon entfernt.

Fachverbände raten zum Gegensteuern


Ähnlich wie Logistics UK bewertet der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) die Situation und rät zu ähnlichen Maßnahmen. Dazu zählt eine Verbesserung des Images der Berufskraftfahrer. Brummi lässt grüßen. Bessere Ausbildung und mehr Weiterbildung sollen den Beruf attraktiv machen. Am ehesten kann dies womöglich mit einer Anpassung der Löhne gelingen. Im Durchschnitt arbeiten deutsche Kraftfahrer für einen Stundenlohn von EUR 14,21. Angelernte Kräfte kommen auf nur noch EUR 12,91. Im Bundesdurchschnitt verdienen Facharbeiter spürbar mehr, nämlich EUR 19,97 und EUR 16,02, wenn sie angelernt arbeiten. Wer will sich da den Bedingungen der Straße unterwerfen? Ambitionierte Berufseinsteiger haben schließlich freie Berufswahl.

Die OCS in dieser Situation

Natürlich beobachten wir die Verwerfungen im Frachtverkehr, die nicht allein auf die Pandemie zurückgehen. Die anspruchsvolle Logistik, auf die große Versender wie Online-Shops bestehen, fordert gut ausgebildete Fahrer. Dank langjähriger Kontakte und einem breiten Netzwerk zuverlässiger Fuhrunternehmer kennen wir die Kompetenz der Fahrer, mit denen wir kooperieren. Für eine anspruchsvolle Fracht hoch nach Skandinavien oder nach Polen und Russland braucht es Fachpersonal. Wir kennen die Besten. Rufen Sie uns an, bevor Sie Transportprobleme bekommen.

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